Beispiel 1: Das Weglassen der Grundgesamtheit
Die Aussage "12 Personen klagten nach der Einnahme des Medikaments unter starken Nebenwirkungen" ruft bei dem Rezipient starke negative Gefühle hervor und er wird sich sicherlich überlegen dieses Medikament zu nehmen.
Die Aussage "12 Personen von 1000 Probanden (1,2%) klagten nach der Einnahme des Medikaments unter starken Nebenwirkungen" löst bei dem Rezipient wohl weniger negative Gefühle hervor und er wird seine Entscheidung anders abwägen.
Durch zusätzliche weitere Informationen erreicht man ein höheres Maß an Transparenz "12 Personen von 1000 Probanden (1,2%) klagten nach der Einnahme des Medikaments unter starken Nebenwirkungen. Von den 12 Personen hatten 6 bereits starke Vorerkrankung."
Das klingt alles sehr simpel? Aber ehrlich wie oft sind wir mit Schlagzeilen konfrontiert, die den prozentualen Anteil weglassen, wie viele Präsentationen hat man in Meetings schon gesehen, bei denen nur die absolute Anzahl der Conversions* gesehen hat und nicht die schockierende Conversionrate.
*Für alle nicht Web-Analysten: Conversions sind Ziele auf der Webseite z.B. Kaufabschluss, Anmeldung zu einem Newsletter etc.
Beispiel 2: Emotionales Framing
Mit emotionales Framing ist gemeint, mit welchen Formulierungen Daten in Kontext gesetzt werden. Bei einem Experiment an der Harvard Medical School mussten Ärzte sich zwischen zwei Behandlungsmethoden entscheiden: Operation oder Bestrahlung. Die eine Hälfte der Teilnehmer erhielt folgende Information zu der Operation: "Die Ein-Monats-Überlebensrate liegt bei 90%". Der anderen Hälfte der Teilnehmer wurden die Statistik im folgenden Kontext präsentiert: "Im ersten Monat beträgt die Sterblichkeitsrate 10%". Die Operation war beim ersten Text (84% entschieden sich für die Operation statt für die Bestrahlung) beliebter als beim zweiten Text (nur 50% bevorzugten die Operation). Beides Sätze sind logisch äquivalent. Jedoch löst "Überleben" eine positivere Emotion aus wie "Sterben".
Quelle: Kahnemann, Daniel: Schnelles Denken, Langsames Denken, 2011, S. 451f
Beispiel 3: Y-Achsen-Trick
Je nach Skalierung der Y-Achse erscheint die Kurve steiler oder weniger steil.
Beispiel 4: Zeitliches Framing
Achte genau darauf, welche Zeiträume gewählt wurde und welche Zeiträume weggelassen wurden. Auch bei der Bewertung von Aktien mal den Zeitraum von einem Jahr anschauen. Schon hat man unter Umständen ein anderes Gefühl als wenn man den Zeitraum „1 Monat“ gewählt hat.
Auch die Vergleichszeiträume seien sorgsam gewählt. Bei saisonalen Schwankungen ist z.B. der Vergleichszeitraum zum Vorjahr sinnvoll. Am Anfang der Corona-Pandemie wurden die Inzidenzen - auch bei großen Medienhäuser- zum Vortag verglichen. Beim Vergleich mit einem Wochenendtag gab es immer eine vermeintliche Entspannung, was aber damit zutun hatte, dass am Wochenende weniger Fälle erfasst wurden. Irgendwann ist die Tagesschau und andere Medien dazu übergegangen, die Wochentage zu vergleichen, also Montag mit Montag, Sonntag mit Sonntag usw.
Beispiel 5: Datengrundlage/ Segmentierung
Achte auf die Grundlage der Daten! Wird diese erwähnt und beschrieben?
Bei Kundenbefragung müssen beispielsweise die potentiellen Kunden gefunden werden und nicht irgendwelche x-beliebigen Menschen von der Straße befragt werden. Kleine Anekdote aus dem Verlagswesen: Bestimmte Zeitschriften (z.B. im amourösen Bereich) haben mehr verkaufte Stückzahlen als Leser in qualitativen Erhebungen. Zeitschriften oder Zeitungen, die als Aushängeschild im Bildungsbürgertum gelten, haben hingegen deutlich mehr erfasste Leser als verkaufte Stückzahlen („Natürlich lese ich DIE ZEIT / die FAZ regelmäßig“).
Auch in der Web-Analyse muss die Datengrundlage genau erfasst werden: Wird interner und künstlicher Traffic herausgefiltert? Und ist die Conversion mal schlecht, kann man das Engagement- Segment anwenden oder nach „wiederkehrender Besucher“ segmentieren.
Eine Checkliste für dein Datenprojekt
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